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Elitenetzwerk Bayern FORUM widmet sich den Neurowissenschaften

Unter dem Titel „From Connec­to­mes to Brain Computer In­ter­faces“ setz­te das Eli­te­netzwerk seine bay­ern­weit sichtbare Ver­an­stal­tungsserie „FORUM“ nach einer Pan­de­mie-be­ding­ten Pau­se am 23. März 2023 im Au­di­max der Techni­schen Uni­versi­tät München (TUM) fort.

Ein­gela­den ha­ben die bei­den Eli­te­stu­di­en­gän­ge „Bi­o­me­dical Neu­rosciene“ und „Neuro­engi­nee­ring“ der TU München. Mehr als 300 An­mel­dun­gen be­stäti­gen die hohe ge­sell­schaftliche und wis­sen­schaftliche Re­le­vanz der Neu­ro­wis­sen­schaften an sich wie auch de­ren Po­ten­tial für An­wendun­gen wie z.B. Neu­roprothe­sen in den In­geni­eurswis­sen­schaften. Mit Prof. Jeff Lichtman (Harvard Uni­versi­ty) und Prof. Sta­nisa Raspopo­vic (ETH Zu­rich) konnten zwei pro­filier­te Sprecher ge­wonnen wer­den, wel­che die ein­drucksvollen Fort­schritte der letz­ten Jahre wie auch die ge­gen­wär­tigen und zu­künf­tigen Her­aus­for­de­run­gen einer inte­res­sier­ten Fachöf­fent­lich­keit ver­mit­teln konnten. Mi­niste­rial­rätin Bea­te Lin­dner (Eli­te­netzwerk Bay­ern) und Prof. Juli­ane Win­kel­mann (Vi­ze­prä­si­den­tin für In­ter­nati­onale Alli­an­zen und Alumni der TUM) be­grüß­ten die Gäs­te und Stu­die­ren­den im Au­di­max der TU München.

 

Die Vermessung des neuronalen Netzwerkes - Connectomic

Jeff Lichtman, Pro­fes­sor für Mo­leku­lar- und Zell­bio­logie an der Uni­versi­tät Har­vard, gab fas­zinie­ren­de Ein­bli­cke in den Auf­bau des Ge­hirns auf zellu­lärer Ebe­ne. Ramon y Cajal und Camillo Gol­gi konnten Ende des 19 Jhd. zei­gen, dass Neu­ro­nen, spe­zielle Hirnzel­len, ein in sich zu­sammen­hän­gen­des Ge­flecht aus un­ter­ei­nan­der ver­bun­de­nen Zel­len bil­den. Das rela­tiv junge For­schungs­ge­biet Connec­tomic, bei des­sen Ent­ste­hung Jeff Lichtman maß­ge­blich be­tei­ligt war, be­schäftigt sich mit dem Auf­bau des neu­rona­len Netzwer­kes, mit dem Ziel eine voll­stän­dige drei­di­men­sio­nale „Karte“ des Ge­hirns zu er­stel­len. Mit Hilfe einer spe­ziel­len Technik (Au­to­matic Ta­pe-Collec­ting Lathe Ult­ra­microto­me) ist es der Ar­beitsgruppe um Jeff Lichtman mög­lich, ult­radünne zweidi­men­sio­nale Schnitte von klei­nen Hirnpro­ben zu ge­win­nen und die zellu­lären und sub­zellu­lären Strukturen unter dem Elektro­nen­mik­ro­skop sichtbar zu ma­chen. Computer kön­nen dann unter ho­hem Re­chenauf­wand aus den so ge­wonne­nen zweidi­men­sio­nalen Kar­ten am Ende ein drei­di­men­sio­nales Bild er­zeu­gen. Da­mit konnten bis­her Hirnbe­rei­che in der Grö­ße von ei­nem tau­sendstel Milli­liter „kar­tiert“ wer­den. Da­bei wur­de in spek­taku­lärer Auf­lö­sung deut­lich, wie komplex unser neu­rona­les Netzwerk selbst im De­tail auf­ge­baut ist. Jeff Lichtman hin­ter­ließ mit sei­nem Vor­trag und sei­nen Bil­dern einen spür­baren Ein­druck und eine Fas­zina­tion bei unse­ren jun­gen Wis­sen­schaftle­rin­nen und Wis­sen­schaftlern, die im Nachgang noch zu vie­len ange­reg­ten Dis­kus­sio­nen führ­te.

Brain-Computer-Interfaces

Stani­sa Raspopo­vic, As­sistant Pro­fes­sor für Neu­ro­engi­nee­ring am De­par­te­ment Ge­sundheitswis­sen­schaften und Techno­logie der ETH Zü­rich, kombi­niert in sei­ner For­schungs­ar­beit phy­sio­logi­sches und klini­sches Fachwis­sen über das Ge­hirn und das Ner­ven­sys­tem und zeigt mit sei­ner For­schungs­ar­beit, wie eine Kombina­tion mit Hardware, Phy­sik, und Softwa­re­werkzeu­gen die Le­bensqua­lität z.B. von Pati­enten mit neu­rolo­gi­schen Ein­schränkungen ver­bes­sern kann. Ent­scheiden­des Werkzeug hier­zu ist eine com­pu­ter­ge­stützte Mo­del­lie­rung der In­ter­akti­on des Ner­ven­sys­tems mit elektri­schen Fel­dern. Zu­sammen mit sei­ner For­schungs­gruppe an der ETH Zü­rich ent­wi­ckelt Prof. Raspopo­vic u.a. me­chat­roni­sche Sys­teme, wel­che eine di­rekte Schnitt­stelle zwi­schen der Umwelt und dem rest­li­chen Ner­ven­sys­tem bil­den, so­ge­nannte Brain-Compu­ter-Inter­faces. Wie bei jeder Kommu­nika­tion ist hier­zu eine Ko­die­rung er­for­der­lich, eine Art „neu­rona­le Sprache“. Eine gro­ße Her­aus­for­de­rung liegt dabei in der Kombina­tion einer digi­talen Welt von Sen­soren und Elektro­den mit dem Ner­ven­sys­tem. Ei­nen be­son­de­ren Schwer­punkt sei­nes Vor­trags legte Sta­nisa Raspopo­vic auf Pati­enten mit am­pu­tier­ten unte­ren Gliedmaßen. Hierbei er­mög­li­chen Sen­soren an der Beinpro­these der Pati­en­ten, Bo­den­be­rüh­run­gen wahrzu­neh­men und somit deut­lich bes­ser ge­hen zu kön­nen. Gleichzei­tig re­du­zie­ren der­arti­ge Pro­the­sen mit Neu­roschnitt­stelle auch die sonst häu­figen Phantom­schmer­zen.

Eine unvergesslicher Abend

Bei­de Vor­träge zeig­ten zu­sammen, wie neu­ro­wis­sen­schaftli­che Grundla­gen mit an­wen­dungsbe­zo­ge­ner For­schung und Ent­wicklung inei­nander­grei­fen. Die bei­den ein­drucksvollen Dar­bie­tun­gen führ­ten im Nachgang zu ei­nem an­ge­reg­ten Aus­tausch zwi­schen den Stu­die­ren­den und Leh­ren­den, wei­teren Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern aus Wis­sen­schaft und Ge­sell­schaft, so­wie den bei­den Preisträ­gern. Be­son­deres Inte­resse bei den Gäs­ten fand die Pos­ter­aus­stel­lung, kura­tiert von den Stu­die­ren­den bei­der Eli­te-Mas­ter­stu­di­en­gän­ge. Das Eli­te­netzwerk Bay­ern FO­RUM fand ei­nen schönen Aus­klang, mu­sika­lisch ein­ge­rahmt von der Jazz-Band „Thursday Chill out Combo“ um An­dreas Kurz, ebenfalls (mu­sika­li­scher) Preisträ­ger und Do­zent an der Hochschule für Mu­sik in München.
Die ge­meinsame Ein­la­dung von zwei Stu­di­en­gän­gen hat die Reichweite des Formats Eli­te­netzwerk Bay­er FO­RUM sichtbar er­höht. Die Rückmel­dung der Gäs­te be­stä­tigt das Format und spricht deut­lich für eine Fort­set­zung der Ver­an­stal­tungsrei­he.

Text: Michael Brunnhuber, Pia Eckert und Florian Rattei, TUM