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FANE Field School 2025 in Neufundland, Kanada

Eti­enne Pab­lo Da­me stu­diert Phi­loso­phie und Ge­schichte an der Uni­versi­tät Augsburg. Vom 10. bis 17. Au­gust 2025 nahm der Sti­pen­diat des Max Weber-Programms an der FA­NE Field School in Neu­fundland, Ka­nada, teil und wur­de hier­für im Rahmen der MWP-Programmli­nie „For­schung vor Ort“ un­ter­stützt. Die FA­NE Field School ist eine in­ter­dis­zipli­näre Summer School für Stu­die­ren­de aus aller Welt, die vor Ort Öko­logie und Umwelt-Ethik ebenso wie The­orie und Pra­xis mit­ei­nan­der ver­schränkt. Nach Ab­schluss der Summer School be­rich­tet der Stu­dent hier von sei­nem Auf­ent­halt.

FA­NE ist 2015 von vier Gründungsmit­glie­dern – Prof. Dr. Sean McGrath (Phi­loso­phy, Me­mo­rial Uni­versi­ty), Prof. Dr. Bar­ry Ste­phe­nson (Re­ligi­ous Stu­dies, Me­mo­rial Uni­versi­ty), Prof. Dr. Kyla Bruff (Phi­loso­phy, Car­leton Uni­versi­ty) und PD. Dr. Joachim Rathmann (Ge­o­gra­phie, Phi­loso­phie, Uni­versi­tät Augsburg) – ins Le­ben geru­fen wor­den. Sie alle ver­eint die tiefe Überzeu­gung, dass die Ur­sache unse­rer mo­der­nen ge­sell­schaftli­chen Kri­sen in der Kon­sum­ge­sell­schaft lie­gen, so Pro­fes­sor Bar­ry Ste­phe­nson, einer der vier Gründer, bei der Er­öff­nung der Summer School. Ge­meinsam mit uns – vier in­ter­nati­ona­len Stu­den­ten – tra­fen sich die vier Hochschulleh­rer eine Wo­che lang in der Nähe der Stadt Cu­pids in Neu­fundland. Auf der ab­seits von Cu­pids, di­rekt am Meer ge-le­ge­nen 100 Hek­tar gro­ßen Ranch Burnt Head Ret­reat des an­de­ren Mit­be­gründers Pro­fes­sor Sean McGrath woll­te die klei­ne Gruppe her­aus­fin­den, wie es sich ab­seits von der Zivi­lisa­tion ohne großarti­gen Lu­xus leben lässt.

His­to­risch ist das Bunt Head Ret­reat für FA­NE von gro­ßer Be­deu­tung. Die Bucht war bis ins 20. Jahr­hun­dert das von den Bri­ten am längsten durchgängig be­sie­delte Stück Land in Nordame­rika. Ta­ge­bü­cher, wie das vom 1893 ge­bo­renen John Mor­gan, be­rich­ten von dem ein­fa­chen, aber glückli­chen Le­ben der Sied­ler in den 1910er Jah­ren. Kurz da­nach sah sich die Sied­lung ge­zwungen, wei­ter ins Lan­des­inne­re zu zie­hen, weil die gro­ße In­dust­riefi­sche­rei ihre Le­bensgrundlage be­droh­te. Die ein­fache Le­benswei­se von John Mor­gan war uns wäh­rend der FA­NE Field School ein Vor­bild. Seine de­tail­lier­ten Be­schrei­bun­gen der Landschaft und der Le­benswei­se ließ uns die Prä­senz der Ver­gan­gen­heit spü­ren.

Zurück zu den Wurzeln – Leben wie die Siedler im Burnt Head

Uns Stu­den­ten stan­den im so­ge­nannten „orchard“, also dem Obstgar­ten, Zelte zur Ver­fü­gung. Rui­nen von Steinmau­ern zeug­ten dort von der landwirt­schaftli­chen Nut­zung die­ser Gär­ten durch die Sied­ler. Etwa eine Mei­le ent­fernt und nur durch einen schmalen Waldweg ver­bun­den be­fand sich das Haupthaus, in dem allein es So­lar­strom und einen Gas-Herd gab. Wäh­rend Trinkwas­ser über einen offi­ziel­len Wander­weg im 20 Mi­nu­ten ent­fern­ten Cu­pids ge­holt wer­den musste, sorg­te eine ein­zig durch Gra­vita­tion funk­tio­nie­ren­de, fünf Mei­len lange Was­ser­lei­tung für mehr oder we­niger flie­ßen­des Spülwas­ser. 

Er­nährt ha­ben wir uns zum Teil durch die auf­wendig ins Bunt Head ge­tra­ge­nen Ein­käu­fe, ein Fo­kus des Pro­jekts be­stand aber da­rin, ins­be­son­dere von dem zu le­ben, was die Na­tur uns di­rekt zur Ver­fü­gung stellt. So ist die Gruppe, wie schon die Sied­ler im Burnt Head, früh mor­gens mit ei­nem klei­nen Boot zum Fi­schen raus­ge­fah­ren. Prak­ti­sche Er­fah­rung sammel­ten wir Stu­den­ten wäh­rend des An­gelns, aber auch durch das file­tie­ren der Fi­sche am Strand. Glückli­cherwei­se wuchsen im Ret­reat un­zäh­lig viele Blaubee­ren, die uns den Tag ver­süß­ten. Zu­dem hatte Sean, der seit 15 Jah­ren an sei­nem Haus im Ret­reat baut, im­mer wie­der handwerkliche Auf­ga­ben zu erle­di­gen. So er­setz­ten vier von uns allein durch Muskel­kraft den Stützpfei­ler im Haus durch einen 200 Ki­lo­gramm schweren Querbal­ken.

Wo Umweltphilosophie auf Atlantikwellen trifft

Ne­ben die­sen prak­ti­schen Er­fah­run­gen ge­hör­ten zur Summer School die tägli­chen so ge­nannten lec­tures. Klas­si­sche Tex­te aus der Umweltphi­loso­phie, etwa Tho­reau, Schuhma­cher, Sny­der oder Hil­de­brandt, wur­den gele­sen und dis­ku­tiert. Ne­ben den offi­ziel­len lec­tures und der handwerkli­chen, prak­ti­schen Ar­beit hat­ten wir Stu­den­ten zu­dem Zeit, im kal­ten At­lan­tik ba­den zu ge­hen, auf der Ter­rasse zu lesen oder klei­ne Wande­run­gen zu un­ter­neh­men. 

Nach drei Ta­gen star­tete der zwei­te Teil der Field School. Auf einer wis­sen­schaftli­chen Ta­gung in Cu­pids prä­sen­tier­ten etwa 15 in­ter­nati­onale Sprecher ihre paper im Be­reich der Umweltphi­loso­phie. Auch wir Stu­den­ten hat­ten die Mög­lich­keit, zu prä­sen­tie­ren. Ich selbst sprach zu der Rolle der Umwelt und ihres de­ter­mi­nisti­schen Ein­flus­ses auf anti­ke poli­ti­sche Kri­sen im Ge­schichts­werk des stoi­schen Phi­loso­phen Po­seidonios. Nach der 2-tä­gigen wis­sen­schaftli­chen Ta­gung wur­de die Summer-School be­en­det. 

Weitere Informationen zur MWP-Programmli­nie „For­schung vor Ort“ finden Sie hier.

Text: Eti­enne Pab­lo Da­me, Max We­ber-Programm