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Er­reich­bar für die halbe Welt

Der Würzbur­ger Elite­studi­en­gang „Sa­tellite Tech­nolo­gy“ des Elite­netz­wer­kes Bay­ern bietet Stu­die­ren­den eine um­fas­sende Aus­bil­dung im Be­reich der Satel­liten­tech­nolo­gie. Dabei liegt ein Fokus auf den vielen ange­bote­nen „Hands-On“ Lehr­ver­an­stal­tun­gen: Theo­reti­sche Inhal­te auch wirk­lich in die Praxis um­set­zen, dabei auf neue Her­aus­for­de­run­gen sto­ßen und diese selbst­stän­dig lösen - das ist ein Grundge­danke der Würzbur­ger Aus­bil­dung. Diese Mög­lich­keiten haben Stu­die­rende nun ge­nutzt, um eine Bo­den­stati­on für den Emp­fang von Über­tra­gun­gen des geo­stati­onä­ren Satel­liten Es’hail 2 / QO-100 einzu­rich­ten.

Satel­liten­kommu­nika­tion für Je­der­mann

Obwohl es im Zeit­alter von Social Me­dia und In­stant Mes­saging in Ver­ges­sen­heit gera­ten könn­te, gibt es im­mer noch eine aktive weltweite Be­we­gung die sich dem A­ma­teur­funk wid­met: Fas­zi­niert da­von selb­stän­dig in der Lage zu sein, Sen­de­emp­fän­ger für ver­schiedens­te Fre­quenzberei­che zu be­trei­ben, teils auch selbst zu ent­wi­ckeln, und damit weltweite Funk­ver­bin­dun­gen zu Gleichge­sinn­ten auf­zu­bau­en. Dabei unab­hän­gig von jegli­cher Infra­struk­tur wie dem Inter­net agie­ren zu kön­nen und somit aus gro­ßen Städ­ten wie auch abge­lege­nen Regi­onen, aus In­dust­riena­tio­nen wie auch auf­stre­ben­den Län­dern über Gren­zen hin­weg kommuni­zieren zu kön­nen.

In die­sem Zuge ent­stand auch die 1969 ge­grün­dete AM­SAT (Amateur Satel­lite) Be­we­gung, die es sich zum Ziel ge­setzt hat, auch den Welt­raum für A­ma­teur­funk­über­tra­gun­gen zu nut­zen. Seit dem Start des ersten Satel­liten Aust­ra­lis-OSCAR 5 in 1970 wur­den so in den letz­ten 50 Jah­ren 15 Satel­liten für den Ama­teur­funk in den Orbit ge­bracht. Ins­be­son­dere für wis­sen­schaftliche Satel­li­ten­mis­sio­nen mit Kleinstsa­telli­ten ist die weltweite AM­SAT Be­we­gung damit ein wich­tiger An­knüp­fungspunkt und Part­ner.

Ein geo­stati­onä­rer Satel­lit für Ama­teur­fun­ker

Ein Hö­he­punkt für die AM­SAT Communi­ty war dabei der er­folg­reiche Start des Es’hail 2 Satel­liten des Tele­kommu­nika­tions­un­ter­neh­mens Es’hailSat aus Qua­tar im No­vem­ber 2018. Denn in einem ge­mein­sa­men Pro­jekt wur­de die­ser, neben der tech­ni­schen Aus­stat­tung für die kommer­ziel­len Dienste wie Satel­liten­fern­se­hen, auch mit einem Sen­de­emp­fän­ger für den Ama­teur­funk­dienst aus­gerüs­tet. Seit seiner Inbe­trieb­nah­me er­hielt er zu­sätz­lich die Ama­teur­funk­be­zei­chung QO-100.

Im Ver­gleich zu allen bishe­rigen Ama­teur­funk­satel­liten, die sich auf­grund ihrer orbi­talen Lage am Himmel ent­lang be­we­gen und so je­weils nur für kurze Zeit für Funkver­bin­dun­gen sicht­bar sind, be­findet sich QO-100 auf dem weit ent­fern­ten geo­stati­onä­ren Orbit mit einer Höhe von ca. 36.000 km über dem Äquator, in Nachbar­schaft zu den be­kann­ten Astra Satel­liten für den Fern­seh­emp­fang. Dadurch scheint er für einen Be­obachter auf der Erde an einem festen Punkt am Himmel zu ste­hen und ist fast vom hal­ben Erd­ball aus zu­gleich er­reich­bar.

Die in QO-100 ent­halte­nen Ama­teur­funktrans­pon­der fun­gieren dabei wie aktive Spie­gel für Funk­signa­le: über große An­ten­nen „lau­schen“ sie auf einer Fre­quenz von 2,4 GHz auf über­tra­gene Sig­nale von der Erde, ver­stär­ken diese und sen­den sie um­ge­setzt auf eine Fre­quenz 10,45 GHz zu­rück. Dadurch ist eine Punkt-zu-Punkt Funkver­bin­dung auch zwi­schen weit ent­fern­ten Orten auf der Erde mög­lich, die auf­grund der Ei­gen­schaf­ten der Funkaus­brei­tung ohne Satel­liten nicht gege­ben wä­re.

Von der Theorie der Nachrichtentechnik zur Praxis

Fast ein jeder Satel­lit stellt eine In­for­mati­ons­quelle dar, die auf­grund der Ge­ge­ben­heiten natür­lich draht­los zum Emp­fän­ger trans­por­tiert wer­den müs­sen. Seien es Kommu­nika­tions­satel­liten für weltweite Da­ten­ver­bin­dun­gen oder Sens­orda­ten aus z.B. der Wet­ter­be­obachtung oder der satel­liten­ge­stütz­ten Fern­er­kun­dung. Ent­spre­chend ist ein wich­tiger Bau­stein des Elitestudiengangs „Sa­tellite Tech­nolo­gy“  in Würzburg die Aus­bil­dung in der Ana­lyse und Ent­wick­lung von Funk­sys­temen für die Satel­liten­kommu­nika­tion. Die­ses Lehr- und For­schungsge­biet wird an der Uni­versi­tät Würzburg seit An­fang 2020 von Prof. Dr. Mar­kus Gar­dill, 2010 selbst Ab­sol­vent eines ENB Stu­dien­gan­ges, gelei­tet. Nach theo­reti­schen As­pek­ten der Nach­rich­ten- und Hochfre­quenztech­nik, die er an der JMU Würzburg lehrt, set­zen die Stu­die­ren­den im „Sa­tellite Tele­com­muni­cation Lab“ das Ge­lernte schließlich pra­xis­nah um und müs­sen sich einer offe­nen Her­aus­for­de­rung im Rah­men eines freien Kommu­nika­tions­pro­jektes stel­len.

Ange­steckt von der Fas­zina­tion der Satel­liten­kommu­nika­tion hat sich dabei eine Gruppe Stu­die­ren­der zum Ziel ge­setzt, eine Bo­den­stati­on für den Emp­fang von QO-100 Aus­sen­dun­gen zu er­rich­ten und in Be­trieb zu neh­men. Ge­stützt auf ihre in den Lehr­ver­an­stal­tun­gen er­wor­benen Kompe­ten­zen konn­te die Gruppe vom initia­len Ent­wurf der HF-Archi­tek­tur, über die Kompo­nen­ten­aus­wahl, deren Inbe­trieb­nah­me und der Pro­grammie­rung von Software zur Ver­arbei­tung der Emp­fangssigna­le so eine funk­tions­fähi­ge Bo­den­stati­on um­set­zen. Diese lauscht mit­tels eines Kleinstcomputers kon­tinu­ierlich auf QO-100 Aus­sen­dun­gen. Per Inter­net­brow­ser kön­nen sich Mit­arbei­ter und Stu­die­rende mit dieser ver­bin­den und somit nun zu­min­dest Zuhö­rer von Ama­teur­funk­ver­bin­dun­gen über QO-100 wer­den. Per Satel­lit er­reich­bar für die halbe Welt, ei­gen­hän­dig um­ge­setzt – so kann Lern­erfolg aus­se­hen.

Text: Elitestudiengang „Satellite Technology“