Nach einer kleinen nachmittäglichen Stärkung starteten wir mit einem Stationenlauf in die Tagung. Hierbei konnten wir uns beim Finden von Gemeinsamkeiten gegenseitig kennenlernen, unser Vorwissen zur Geschlechterforschung einschätzen, einen Vorgeschmack auf die Breite und Komplexität des Themas „Gender“ erhalten und unsere Erwartungen an die Tagung äußern.
An dieser Stelle ein kurzer Einwurf: Was bedeutet überhaupt „Geschlechterforschung“? Oft auch „Gender Studies“ genannt, interessiert sich diese Forschungsrichtung dafür, welche Bedeutung Geschlecht für alle Bereiche des menschlichen Lebens hat. Dabei unterscheidet sich „gender“, also soziokulturelles, vom Menschen gemachtes Geschlecht, von „sex“, also biologisch festgelegtem Geschlecht. Wenn Unterschiede, Kultureinflüsse und Gerechtigkeit im Kontext des Geschlechts diskutiert werden, passiert das in sozialen Netzwerken oder am Wirtshaustisch häufig natürlich nicht in einem wissenschaftlichen Sinne. Immer wieder wird dann der Vorwurf laut, dass das Thema zu sehr polemisiert wird, „missbraucht“ für Kampagnen und Kampfansagen oder einfach schlichtweg gar kein Thema ist oder sein sollte.
Geschlechterforschung meets…
Mit der Polemisierung beschäftigte sich der Einführungsvortrag nach dem Abendessen in Beilngries unter dem Titel „Gender Gaga“. Die Präsentation wurde von Prof. Dr. Paula-Irene Villa gehalten, Lehrstuhlinhaberin des Lehrstuhls für Soziologie und Gender-Studies an der LMU München, und ermöglichte uns einen aussagekräftigen, differenzierten und informativen Einstieg in das Thema. Die zahlreichen Fragen und Diskussionsthemen im Anschluss zeigten: Dieses Thema ist für jeden von uns relevant.
Der nächste Tag war ganz den verschiedenen Workshops gewidmet. Die Workshops behandelten drei verschiedene Fachbereiche: Medizin, Religionswissenschaften und Ingenieur- und Naturwissenschaften. Ziel war, die Relevanz von Geschlecht und Geschlechterforschung im Zusammenhang mit der jeweiligen Disziplin zu betrachten und zum Schluss den anderen Weber*innen vorzustellen. Die Workshops liefen von morgens bis nachmittags und gestalteten sich vielfältig. Mal stellten die Teilnehmer*innen ihre Sicht auf Geschlecht in der Medizin mittels Knete dar, mal entwarfen sie das Fortbewegungsmittel der Zukunft. Am Ende der Tagung stellten die einzelnen Gruppen ihre jeweiligen Ergebnisse vor. Der Workshop zum Thema Medizin und Geschlecht bei Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigione hatte sich unter anderem mit biologischen Unterschieden zwischen Mann und Frau befasst, beispielsweise mit medikamentöser Therapie und der Wichtigkeit unterschiedlicher Dosierungen und geschlechtersensibler Erforschung des jeweiligen Medikaments. Im Workshop zu den Religionswissenschaften bei Prof. Dr. Susanne Lanwerd wurde unter anderem die Rolle und Rezeption der Frau beispielhaft an Judith und Holofernes untersucht. Dabei diskutierten die Teilnehmer*innen verschiedene Darstellungen und Interpretationen der Geschichte vor allem in der bildenden Kunst. Prof. Dr. Susanne Ihsen behandelte mit ihrem Workshop die Ingenieur- und Naturwissenschaften. Eine große Rolle spielte hier das starke Ungleichgewicht der Geschlechter in den entsprechenden Berufen.
Insgesamt wurde uns in der kurzen Zeit von gut 24 Stunden ein vielfältiger Einblick in das Thema der Geschlechterforschung gewährt und wir verfügen nun über eine Wissensgrundlage, auf der wir motiviert sind, noch weiter aufzubauen.
Text: Johanna Burkhardt, Psychologie, Universität Würzburg