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Zwei Tage „Gen­der Gaga“

Die An­kunft im ABG Ta­gungs­zent­rum in Beil­ngries am 20. April fühlte sich zu­nächst sehr nach Urlaub an: strah­lender Son­nen­schein, maleri­sche Land­schaft, Kaffee und Ku­chen auf der Terras­se. Die perfek­te Grund­lage also für zwei Tage Ge­schlechterfor­schung, für die wir hier zur Kurz­tagung im Rah­men der Pro­grammlinie We­ber*innen ange­reist wa­ren.

Gender – was ist das?

Nach ei­ner kleinen nach­mittäg­lichen Stär­kung starte­ten wir mit einem Statio­nen­lauf in die Ta­gung. Hierbei konn­ten wir uns beim Finden von Ge­mein­sam­keiten gegen­seitig ken­nenler­nen, unser Vor­wissen zur Ge­schlechterfor­schung ein­schät­zen, einen Vorge­schmack auf die Breite und Kom­plexi­tät des The­mas „Gen­der“ erhal­ten und unsere Erwar­tungen an die Ta­gung äu­ßern.

An dieser Stelle ein kurzer Ein­wurf: Was bedeu­tet über­haupt „Ge­schlechterfor­schung“? Oft auch „Gen­der Stu­dies“ ge­nannt, inte­ressiert sich diese For­schungsrich­tung dafür, welche Bedeu­tung Ge­schlecht für alle Berei­che des menschlichen Lebens hat. Dabei unter­schei­det sich „gen­der“, also sozio­kultu­relles, vom Men­schen ge­mach­tes Ge­schlecht, von „sex“, also biolo­gisch festge­legtem Ge­schlecht. Wenn Unter­schie­de, Kul­turein­flüsse und Ge­rech­tigkeit im Kon­text des Ge­schlechts dis­kutiert wer­den, pas­siert das in sozia­len Netz­werken oder am Wirts­haus­tisch häufig natür­lich nicht in ei­nem wis­sen­schaft­lichen Sinne. Immer wieder wird dann der Vor­wurf laut, dass das Thema zu sehr pole­misiert wird, „miss­braucht“ für Kam­pagnen und Kampfansa­gen oder einfach schlichtweg gar kein Thema ist o­der sein soll­te.

Geschlechterforschung meets…

Mit der Pole­misie­rung be­schäf­tigte sich der Ein­füh­rungs­vortrag nach dem Abendessen in Beil­ngries unter dem Titel „Gen­der Gaga“. Die Präsen­tation wurde von Prof. Dr. Paula-Irene Vil­la ge­halten, Lehr­stuhl­inhabe­rin des Lehr­stuhls für Sozio­logie und Gender-Studies an der LMU Mün­chen, und ermög­lichte uns einen aussa­gekräf­tigen, diffe­ren­zierten und infor­mati­ven Ein­stieg in das Thema. Die zahl­reichen Fragen und Dis­kussi­ons­themen im An­schluss zeig­ten: Dieses Thema ist für jeden von uns rele­vant.

Der nächs­te Tag war ganz den ver­schie­denen Work­shops ge­wid­met. Die Work­shops behan­delten drei ver­schie­dene Fach­berei­che: Medi­zin, Religi­ons­wis­sen­schaf­ten und Inge­ni­eur- und Na­turwis­sen­schaf­ten. Ziel war, die Rele­vanz von Ge­schlecht und Ge­schlechterfor­schung im Zu­sam­men­hang mit der jewei­ligen Diszip­lin zu be­trach­ten und zum Schluss den ande­ren We­ber*innen vorzu­stellen. Die Work­shops liefen von mor­gens bis nach­mittags und gestal­teten sich vielfäl­tig. Mal stellten die Teil­neh­mer*innen ihre Sicht auf Ge­schlecht in der Medi­zin mittels Knete dar, mal ent­warfen sie das Fort­bewe­gungsmittel der Zu­kunft. Am Ende der Ta­gung stellten die einzel­nen Grup­pen ihre jewei­ligen Ergeb­nisse vor. Der Work­shop zum Thema Medi­zin und Ge­schlecht bei Prof. Dr. Sabine Oer­telt-Prigi­one hatte sich unter ande­rem mit biolo­gi­schen Unter­schie­den zwi­schen Mann und Frau be­fasst, bei­spiels­weise mit medi­kamen­töser Thera­pie und der Wich­tigkeit unter­schied­licher Dosie­rungen und ge­schlechtersen­sibler Erfor­schung des jewei­ligen Medi­ka­ments. Im Work­shop zu den Religi­ons­wis­sen­schaf­ten bei Prof. Dr. Susan­ne Lan­werd wurde unter ande­rem die Rolle und Rezep­tion der Frau bei­spiel­haft an Judith und Holo­fernes unter­sucht. Dabei disku­tierten die Teil­neh­mer*innen ver­schie­dene Dar­stel­lungen und Inter­preta­tionen der Ge­schich­te vor allem in der bil­den­den Kunst. Prof. Dr. Susan­ne Ih­sen behan­delte mit ihrem Work­shop die Inge­ni­eur- und Na­turwis­sen­schaf­ten. Eine große Rolle spielte hier das starke Un­gleich­ge­wicht der Ge­schlechter in den ent­spre­chen­den Beru­fen.

Insgesamt wurde uns in der kurzen Zeit von gut 24 Stun­den ein vielfäl­tiger Ein­blick in das Thema der Ge­schlechterfor­schung ge­währt und wir verfü­gen nun über eine Wis­sens­grund­lage, auf der wir moti­viert sind, noch weiter aufzu­bau­en.

Text: Johan­na Burk­hardt, Psy­cholo­gie, Uni­versität Würz­burg