Da ist sie wieder, diese unmerkliche Bewegung: Für einen Bruchteil verlassen die Augen den direkten Blickkontakt und huschen herunter auf Brusthöhe, wo das Namenschild inklusive Studiengang angebracht ist, ehe mit großem Interesse eine Frage folgt. Es gibt wohl kaum eine Veranstaltung, bei der die Augen so viele Meilen zurücklegen, wie beim MWP-Sommerfest. Schließlich ist die Pluralität der rund 250 Gäste verschiedenster Hintergründe hier besonders hoch.
Von der Vollendung des Menschen und der Bedeutung des MWP
„Die wahre Vollendung des Menschen liegt nicht in dem, was er besitzt, sondern in dem, was er ist.“ Mit diesem Zitat des irischen Autors Oscar Wilde unterstrich Christoph Wild vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst am Vormittag im marinaforum in seinem Grußwort die Bedeutung der persönlichen Weiterbildung und appellierte an die Stipendiatinnen und Stipendiaten, die Förderung durch das Max Weber-Programm und ihr Potenzial auszuschöpfen. Vor dem Hintergrund des aktuellen MWP-Jahresthemas „Verzicht“, das wie gewohnt am Vormittag beim Festvortrag und in den Grußworten zentral war, könne und müsse man bei Vielem zwar Abstriche machen. „Worauf wir aber nicht verzichten können, das sind Sie!“, so Christoph Wild an die Geförderten gerichtet.
Dr. Anke Dörner, Leiterin des Max Weber-Programms in der Bonner Geschäftsstelle, betonte in ihrer Rede, dass wir als Gesellschaft vor wachsenden Problemen stünden. Dass das Leben immer besser werde, sei auch mit Blick auf das aktuelle Jahr nicht für alle der Fall. Gerade deshalb hege sie die Hoffnung, dass das Max Weber-Programm den Raum für Ermutigung und die Etablierung einer Haltung bietet.
„Ich will etwas, das Du nicht willst“
Abgerundet wurden die beiden Denkanstöße durch den Festvortrag, der das Jahresthema „Verzicht“ aus (verhaltens-)ökonomischer Perspektive beleuchtete. Professor Andreas Roider vom Lehrstuhl für Mikroökonomik an der Universität Regensburg erzeugte mit seinem Einstieg wohl bei fast allen Anwesenden ein allzu bekanntes Kopfkino: viele gute Vorsätze, aber am Ende scheitert es immer bei der Umsetzung. Doch bei den Schmunzlern auf individueller Ebene blieb er nicht stehen. Verzicht wurde auch auf kollektiver Ebene thematisiert, wobei gerade die institutionellen Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle für dessen Wirkung spielten und mitbedacht werden müssten. „Nicht alles, was intuitiv scheint, ist auch zielführend", resümierte er.
Buntes Rahmenprogramm am Ufer der Donau – Augenwanderung inklusive
Besonderes Highlight am Nachmittag der Veranstaltung war zweifelsohne das leidenschaftliche Engagement der Regensburger Stipendiatinnen und Stipendiaten. Ein Jahr hatte sich das Team auf das Sommerfest vorbereitet, was sich neben der musikalischen Untermalung vor allem im Nachmittagsprogramm ausdrückte: von Achtsamkeitsworkshops, Wanderungen, Walhalla-Aufstieg bis hin zu historischen Stadt-/Museumsführungen und geselliger Runde am Donauufer war alles dabei.
Während man sich also von einer Nachmittagsaktivität zur anderen bewegte und dabei auf neue Gruppenkonstellationen stieß, kam einem unweigerlich Dr. Anke Dörners Wunsch in den Sinn: Das Max Weber-Programm möge ein Raum für Gespräche bieten, in dem neue Perspektiven entwickelt und eingenommen werden können. Neue Perspektiven gewinnen – das kann schon im Kleinen beginnen. Es bedarf dabei stets des berühmten Blickes über den eigenen Tellerrand hinaus. Oder in diesem Fall eher: der unmerklichen Augenwanderung hin zum Namenschild, gefolgt von aufrichtigem Interesse.
Text: Alexandros Mantzaridis, Stipendiat Max Weber-Programm Bayern