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Lindauer Nobelpreisträgertagungen 2024

Die Lin­dau­er No­bel­preisträ­gertagun­gen ge­hö­ren zu den re­no­mmier­tes­ten und be­gehr­tes­ten Ver­an­stal­tun­gen in der Wis­sen­schaftswelt. Als aka­de­mi­scher Part­ner hat das Eli­te­netzwerk Bay­ern das Pri­vi­leg, eine aus­ge­wählte Gruppe von Mit­glie­dern für die Teil­nahme vor­zu­schlagen. Vom 30. Juni bis zum 5. Juli 2024 fand in Lindau die 73. Ta­gung zum Thema Phy­sik statt. Max We­ber-Sti­pen­diat Ma­xi­mili­an Lutz war einer der Teil­nehmenden aus dem Eli­te­netzwerk.

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Ein hochkarätiges Programm

Das Kon­zept der Lin­dau­er No­bel­preisträ­gertagun­gen ist so ein­fach wie ein­zig­ar­tig: Rund 40 No­bel­preisträ­ge­rin­nen und No­bel­preisträ­ger tref­fen sich eine Wo­che lang mit 600 Nachwuchsfor­schenden aus der gan­zen Welt im ma­leri­schen Lindau. Als Dok­to­rand im Be­reich Quanten­in­for­ma­tik am Max-Planck-Institut für Quanten­optik in München hatte ich das Pri­vi­leg, an der dies­jäh­rigen Ta­gung teil­zu­nehmen, die der Phy­sik ge­widmet war. Jeder Tag be­stand aus Vor­trä­gen, Dis­kus­sio­nen und Fra­ge­run­den von und mit den Preisträ­ge­rin­nen und Preisträ­gern, wur­de aber durch eine Vielzahl von Ak­tivi­täten auf­ge­lo­ckert. Von ei­nem Grillfest am See über ein Abendes­sen, bei dem nicht nur Dirndl und Leder­hose sondern tra­ditionelle Klei­dung aus den verschie­densten Herkunfts­ländern der Teil­nehmenden getragen wur­den,  bis hin zu einer Boots­fahrt zur Insel Mainau am letz­ten Tag - die sechs Tage wa­ren voll­ge­packt mit Ge­le­gen­hei­ten, sich mit den Preisträ­ge­rin­nen und Preisträ­gern und an­de­ren jun­gen Wis­sen­schaftle­rin­nen und Wis­sen­schaftlern aus­zu­tau­schen.

Außergewöhnliche Begegnungen im Zeichen des „Lindau Spirit“

Vor dem Tref­fen war ich ziemlich unsi­cher, wie es sich an­füh­len wür­de, die No­bel­preisträ­ge­rin­nen und No­bel­preisträ­ger per­sön­lich zu tref­fen. Efim Zel­ma­nov - selbst Fiel­ds-Medaillen­ge­win­ner und „special gu­est“ dank der Schwes­ter­ver­an­stal­tung Hei­del­berg Fo­rum – erin­nerte sich zu Be­ginn sei­nes Vor­trags da­ran, dass solch her­aus­ra­gen­de Wis­sen­schaftle­rin­nen und Wis­sen­schaftler in sei­ner Ju­gend in der Sow­jet­uni­on den Sta­tus von „Halbgöt­tern“ hat­ten. Dies ent­sprach in etwa mei­nem Ge­fühl vor dem Tref­fen, aber es wur­de so­fort von dem ab­ge­löst, was man den „Lindau­er Geist“ nennt: eine At­mosphä­re der Of­fen­heit, Neu­gier und Un­ge­zwungen­heit, die in je­dem Ge­spräch zu spü­ren war. Die Fra­gen der jun­gen Teil­nehmenden reichten von wis­sen­schaftli­chen bis hin zu per­sön­li­chen Themen, von spe­zifi­schen For­schungs­fra­gen bis hin zu all­ge­mei­nen Rat­schlägen für das Le­ben - und die Preisträ­ge­rin­nen und Preisträ­ger wa­ren im­mer be­reit, mit einer Fülle von Anekdo­ten aus ihrer For­schung und Le­benser­fah­rung zu ant­wor­ten.

Zu den Hö­he­punkten ge­hörte für mich das Ge­spräch mit Ste­ven Chu über die Fra­ge, wel­che wis­sen­schaftli­chen Ein­rich­tun­gen wirklich in­no­vati­ve For­schung för­dern - und die Ge­dan­ken, die er wäh­rend sei­ner mit dem No­bel­preis aus­ge­zeichne­ten Ar­beit in le­gen­dären Ein­rich­tun­gen wie den Bell Labs und bei der Gründung neu­er For­schungs­ein­rich­tun­gen wie AR­PA-E in sei­ner spä­teren Funktion als US-Ener­gie­mi­nis­ter ent­wi­ckelt hat. Oder von Ge­rard 't Hooft zu hö­ren, wie wichtig für ihn ma­the­ma­ti­sche Prä­zisi­on in der theo­reti­schen Phy­sik ist, und zu er­fah­ren, wel­che An­sich­ten er über Jahr­zehnte hin­weg dar­über ent­wi­ckelt hat, was er­folg­rei­che The­orie­ar­beit aus­macht. Oder An­ton Zei­lin­ger und Ser­ge Haroche, die mit un­kon­ven­tio­nel­len Ex­pe­ri­men­ten Neu­land be­tre­ten ha­ben, zu fra­gen, was die ihrer Mei­nung nach wichtigs­ten Fra­gen in der Quanten­optik sind, an de­nen noch nie­mand ar­bei­tet. Die Liste der Highlights ließe sich fort­set­zen, aber sie hört nicht bei den Preisträ­ge­rin­nen und Preisträ­gern auf - die jun­gen For­sche­rin­nen und For­scher ver­wan­del­ten jede War­te­schlange und jede Kaf­fee­pau­se in ei­nen Mi­ni-Vor­trag über ein neu­es Ge­biet der Phy­sik und in eine De­monstra­tion der Energie, mit der die Grenzen der Wis­sen­schaft ver­schoben wer­den.

Inspiration für die eigene Forschung

Es wur­de deut­lich, dass alle Preisträ­ge­rin­nen und Preisträ­ger ge­wis­se Ei­gen­schaften teil­ten: eine au­ßer­ge­wöhnli­che Lei­den­schaft, ext­rem harte Ar­beit und den Mut, un­kon­ven­tio­nel­len Fra­gen nachzu­ge­hen. Ebenso inte­res­sant und so­gar noch un­er­war­teter war je­doch, wie sehr sich die Preisträ­ge­rin­nen und Preisträ­ger in allen an­de­ren As­pek­ten ihrer Per­sön­lich­keit und Ge­schichte un­ter­schieden - ein in­spi­rie­ren­der Hinweis da­rauf, dass bahnbre­chende For­schung aus allen Richtun­gen kommen kann und oft eine ein­zig­arti­ge Per­spektive er­for­dert. In der Tat ist „In­spi­rati­on“ die beste Zu­sammen­fas­sung des­sen, was die Lin­dau­er Ta­gung aus­macht - neue Mo­tiva­tion, das gro­ße Gan­ze der Phy­sik zu se­hen, und ein neu­er An­sporn, je­den Tag nach inte­res­san­ter For­schung zu stre­ben. Ich bin dankbar für diese Ein­bli­cke, die be­son­ders zu Be­ginn mei­ner Promo­tion sehr wertvoll sind, und ich dan­ke dem Eli­te­netzwerk Bay­ern und den Lin­dau­er Or­gani­sato­ren für die Möglich­keit der Teil­nahme.

Text: Maximilian Lutz

Link zur Mediathek der Lindauer Nobelpreisträgertagung