Zurück zur Übersicht

Ein Rückblick auf die 74. Lindauer Nobelpreisträgertagung 

Vom 29. Juni bis 4. Juli 2025 nahmen elf Mitglieder des Elite­netzwerks Bayern an der 74. Lindauer Nobel­preisträger­tagung teil, einem weltweit einzigartigen Forum für den Austausch zwischen Nobel­preis­trägerinnen und Nobel­preisträgern und jungen Forschenden. Ganz im Sinne des Mottos „Educate. Inspire. Connect.“ stand die Woche im Zeichen von Wissens­austausch, Motivation und internationaler Vernetzung im Themen­bereich Chemie. Die ehemalige Max Weber-Stipendiatin Vivian Meier war eine der Teil­nehmenden des Elite­netzwerks Bayern und berichtet von einer Woche voller Inspiration, Dialog und dem „Lindau Spirit“.

Beitrag von

Von Nobelvorträgen, offenen Gesprächen und neuen Perspektiven

Schon bei der Eröffnung war zu spüren: Diese Woche würde außergewöhnlich werden. Mehr als 30 Nobel­preisträgerinnen und Nobel­preisträger und rund 600 junge Wissen­schaftlerinnen und Wissen­schaftler aus der ganzen Welt kamen am Bodensee zusammen und trotz der beeindrucken­den Titel und Leistungen war die Atmos­phäre von Anfang an offen, neugierig und nahbar. Als Doktorandin am Lehr­stuhl für Technische Elektro­chemie der TU München hatte ich die Ehre, an der Tagung teilzunehmen, die in diesem Jahr ganz im Zeichen der Chemie stand.

Die Vormittage begannen mit inspirierenden Vorträgen der Nobel­preisträgerinnen und Nobelpreisträger, die von bahn­brechenden wissenschaftlichen Ent­deckungen bis hin zu persönlichen Einblicken in Karriere­wege, Rückschläge und Forschungsethik reichten. In den nach­mittäglichen Open Exchange Sessions, Science Walks oder ganz einfach bei einem Kaffee auf der Terrasse bot sich immer wieder die Gelegenheit zum offenen Austausch.

Ein ganz besonderes Highlight war der Bayerische Abend, ein inter­kulturelles Fest mit Blasmusik, bayerischem Buffet und traditioneller Kleidung aus aller Welt. Am letzten Tag brachte eine gemeinsame Boots­fahrt zur Insel Mainau noch einmal alle Teilnehmenden zusammen - ein stimmungs­voller Abschluss einer intensiven Woche.

Der „Lindau Spirit“ - Wissenschaft mit Menschlichkeit

Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Vielfalt der Persönlichkeiten unter den Nobel­preisträgerinnen und Nobel­preisträgern, nicht nur in ihrer Forschung, sondern auch in ihren Über­zeugungen, Denk­weisen und Lebens­wegen.

Besonders spannend war für mich der Vortrag von John Jumper, der mit AlphaFold neue Maßstäbe in der Struktur­vorhersage von Proteinen setzt, sowie der Austausch mit Steven Chu, der über seine Zeit in den Bell Labs und seine Erfahrungen als US-Energieminister sprach. Beide machten deutlich: Wissen­schaft ist kein gerad­liniger Weg, sondern geprägt von Umwegen, Zweifeln und der Bereitschaft, neue Pfade zu gehen. Ein Zitat von Enrico Fermi, das während der Woche mehrfach genannt wurde, bringt diesen Geist treffend auf den Punkt: „There are two possible outcomes: if the result confirms the hypothesis, then you've made a measurement. If the result is contrary to the hypothesis, then you've made a discovery.“ Diese Perspektive - Forschung als ständiges Suchen, auch jenseits der eigenen Erwartungen - hat mich tief beeindruckt und wird mir lange im Gedächtnis bleiben. Auch Reinhard Genzel, den ich beim Laureate Lunch erleben durfte, nahm sich viel Zeit für unsere Fragen, ob es um Dark Matter, akademische Lauf­bahnen oder Team­führung in der Forschung ging.

Neben den Gesprächen mit den Laureates war für mich der Austausch mit anderen jungen Forschenden besonders bereichernd. Jede Busfahrt, jede Warte­zeit wurde für Diskussionen genutzt, sei es über Enzymkatalyse, PFAS-Wasser­reinigung oder Science Policy. Es war inspirierend zu sehen, wie viel Neugier, Idealismus und Engagement junge Wissen­schaftlerinnen und Wissen­schaftler aus aller Welt in ihre Arbeit einbringen.

Inspiration und Erinnerungen, die bleiben

Ich bin sehr dankbar für diese besondere Erfahrung und dafür, dass das Elite­netzwerk Bayern mir die Teilnahme ermöglicht hat. Neben vielen schönen Erinnerungen kehre ich mit frischer Motivation, einem gestärkten Selbst­verständnis als Wissen­schaftlerin und zahlreichen neuen Kontakten von dieser Woche zurück. Der „Lindau Spirit“ wirkt nach - in Gesprächen, Gedanken und ganz sicher auch in meiner weiteren Forschung.

Text: Vivian Meier (Technische Universität München)