Vielschichtige Überlagerungen
Der Wolfratshauser Ortsteil Waldram (früher Föhrenwald) weist eine wechselvolle Geschichte auf, die sich deutlich an den sich verändernden Straßennamen widerspiegelt: Adolf-Hitler-Platz, Roosevelt Square, Seminarplatz sind die drei Namen für den zentralen Platz eines Ortes, der drei Generationen Lagernutzung erlebte. An diesem Ort lebten und arbeiteten während der NS-Zeit ausländische Zivil- und Zwangsarbeitskräfte sowie deutsche Dienstverpflichtete der naheliegenden Rüstungswerke. Nach Kriegsende fanden jüdische „Displaced Persons“ eine vorübergehende Bleibe. Ab 1956 wohnten hier deutsche Vertriebene aus dem östlichen Europa.
Besonders die Übergänge der einzelnen Zeitschichten liefern spannende Einblicke in regionale Zeitgeschichte und boten den Studierenden Anknüpfungspunkte für ihre Fragestellungen. Im Arbeitsprozess wurden die NachwuchswissenschaftlerInnen der LMU München und der Universität Regensburg von Prof. Dr. Martin Schulze Wessel und Dr. K. Erik Franzen betreut. Außerdem spielte der Erinnerungsort BADEHAUS als Kooperationspartner eine zentrale Rolle bei der Erstellung der Audiotouren, die die Dauerausstellung vor Ort ergänzen.
Ein Jahr nach Beginn des Projekts stellten die Studierenden im Oktober 2019 ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vor und ordneten sie gleichzeitig mit einer Podiumsdiskussion im Kulturzentrum Köşk im Münchner Westend in den großen Kontext „Digitalisierung im Museum“ ein. Die zweite Präsentation der Audiotouren fand im Erinnerungsort BADEHAUS selbst statt und ermöglichte den BesucherInnen, die Hörstücke im Ensemble mit der Ausstellung wahrzunehmen.
Wissenschaftliche und organisatorische Herausforderungen gemeistert
Neben tiefgehender Recherche und der Produktion wissenschaftlicher Texte standen die Studierenden des Elitestudiengangs „Osteuropastudien“, auch vor zahlreichen organisatorischen Herausforderungen. So mussten SprecherInnen für die einzelnen Hörstücke gefunden werden, detaillierte Absprachen mit dem Tontechniker getroffen und nicht zuletzt Rechte für Geräusche und Musik erworben werden. Die Aufgabe, fundierte Texte zu schreiben, die auch nur bei einmaligem Hören verständlich sind, erwies sich dabei als besonders kompliziert und erforderte zahlreiche Korrekturrunden.
Schlussendlich konnten jedoch alle wissenschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen erfolgreich gemeistert werden. Die Erwachsenentour vermittelt ein detailliertes Verständnis der Geschichte des Ortes mit umfangreichem Hintergrundwissen und die Jugendtour führt die BesucherInnen mit drei fiktiven SchülerInnen durch die Ausstellung, die die ZuhörerInnen auf spielerische Weise in die historische Thematik einführen. Ab Anfang 2020 steht der Audioguide mit beiden Touren vor Ort zur Verfügung.
Text: Matthias Melcher, Elitestudiengang „Osteuropastudien“